Neue Ideen für die Seniorenbetreuung

Neue Ideen für die Betreuungsarbeit

Arbeitsblätter für angehende Betreuungsassistentinnen und Alltagsbegleiter:

In den Schuhen eines dementen Menschen

Wir wünschen uns manchmal ein Wundermittel, das man - am besten in Tablettenform - dem dementen Menschen verabreichen könnte. Doch das einzige Mittel, das hilft, ist etwas mühsamer, denn es heißt "Einfühlungsvermögen". Das Verhalten eines Menschen mit Demenz wirkt oft befremdlich und unverständlich auf uns. Wir denken sehr rational und erwarten daher auch rational nachvollziehbare Verhaltensweisen. Die nachfolgenden Fragen sollen dazu beitragen, sich einmal ein kleines Stück in die Welt eines dementen Menschen einzufühlen.

Denken Sie an einen dementen Menschen, den Sie schon öfter betreut haben. Stellen Sie sich diesen Menschen in Gedanken vor. Wie sieht er aus? Wie bewegt er sich? Wie ist er gekleidet? Wie riecht er? Wie spricht er? (Oder welche Laute gibt er von sich?)

Stellen Sie sich vor, Sie wären jetzt dieser demente Mensch und füllen Sie aus seiner Sicht dieses Blatt aus:

Ich heiße …..................................................................

Ich bin …....................................................................................... (frühere Tätigkeit / Beruf)

Ich bin hier im .................................................................................... (jetziger Aufenthaltsort)

Mein Zimmer sieht so aus: …........................................................................................
Ich bin hier weil ….................................................................................
Ich wäre jetzt gerne in / bei …................................................................................(Ort/Person)
Ich muss jetzt ganz dringend …...............................................................................(Tätigkeit)
Am wohlsten fühlte ich mich früher bei …............................................................... (Person)
Am wohlsten fühle ich mich heute bei …..................................................................(Person)
Am wohlsten fühlte ich mich früher beim …...........................................................(Tätigkeit)
Am wohlsten fühle ich mich heute beim ….............................................................(Tätigkeit)

Ich mag sehr gerne ….................................................................................. (eine Sache)

Ich mag nicht ….............................................................................................(eine Sache)

Mich ärgert besonders ….......................................................................................................................  

Mich freut besonders …........................................................................................................................


Positive Interaktion nach Tom Kitwood

Der Sozialpsychologe Tom Kitwood konnte beobachten, dass sehr häufig mit dementen Menschen in einer schlechten Art und Weise umgegangen wird. Wenn man z.B. einen erwachsenen, fremden Menschen mit "Du" anspricht, dann macht man ihn zum Kind. Solches Verhalten gegenüber dementen Menschen bezeichnete Kitwood als "maligne", also schädigend. Entwürdigung führt zu Stress und Stress schadet dem Gehirn. Eine leicht demente Dame im Pflegeheim vertraute mir einmal in Flüsterstimme an: "Die denken alle, dass ich nix mehr weiß. Aber ich weiß genau, wer es gut mit mir meint!".

Tom Kitwood beschrieb positive Umgangsweisen, die dazu führen, dass der Mensch mit Demenz sich wohl fühlt und die Demenzentwicklung gebremst wird. Kitwood nennt den würdigenden, förderlichen Umgang mit dementen Menschen "Positive Interaktion". Wie man dies in einem Gruppen-Angebot umsetzt zeigt der folgende Text:

Positive Interaktion in Gruppen

In jeder Begegnung während der Gruppen-Betreuung sollten die therapeutischen Grundsätze der Positiven Interaktion nach Tom Kitwood zum Tragen kommen:

Anerkennen: Jeder Gruppenteilnehmer wird mit vollem Namen und mit Blickkontakt und Händedruck begrüßt. Immer wieder werden die Teilnehmer mit Namen angesprochen und erhalten kurzzeitig die volle Aufmerksamkeit einer Betreuungskraft. Für das Mittun und die Aufmerksamkeit der Teilnehmer  bedanken wir uns immer wieder.

Verhandeln: Würde und Selbstbestimmung wird konkret, wenn der demente Mensch nach seinen Wünschen gefragt wird, statt sich einem festen Programm anpassen zu müssen. Möchte jemand lieber zu einem Spaziergang nach draußen gehen (z.B. weil er sich in der Gruppe mit vielen  unbekannten Teilnehmern unsicher fühlt), dann kann er das in Begleitung einer Helferin tun. Der Mensch steht über dem Programm. Das Programm muss flexibel sein, denn der demente Mensch kann sich nicht anpassen.

Zusammenarbeiten: Die Gruppe ist nicht aufgeteilt in Geber und Nehmer, in Leiter und Zuhörer, sondern der alte Mensch soll aus seiner passiven Rolle (Krankheitsrolle) herausgeholt werden und spüren, dass seine Mitarbeit erwünscht ist. Wenn sie als Gruppenleiter beispielsweise eine Gesprächsrunde zum Erzählen von einem schönen Urlaub motivieren möchten, dann sollten sie auch selbst kurz über ihren Urlaub berichten. Dadurch stellen sie sich auf die gleiche Ebene wie die Teilnehmer.

Spielen: Dazu besteht reichlich Möglichkeit in Gruppenangeboten. Immer geht es aber nur um den Spaß am Spielen selbst – nicht ums Gewinnen oder Erfolge. Frustrierende Defizit-Erlebnisse werden   weitestgehend vermieden. Dabei sein ist alles! Und mit Humor wird es erst richtig schön.

Feiern: Die Gruppenangebote können manchmal den Charakter einer familiären Feier (etwa einer Geburtstagsfeier) haben. Es wird in geselliger Runde gesungen und gelacht. Beim Feiern kann der Gruppenteilnehmer  die Stimmung des Augenblicks genießen und die Lasten der Krankheit spielen in diesem Moment keine  Rolle. Auch die manchmal angebotenen Gottesdienste stellen eine Feier dar – mit einem emotional  anderen Schwerpunkt.

Entspannen: Jeder demente Mensch sollte die Möglichkeit erhalten, nach seinem individuellen Bedarf zu entspannen. Wer mag, kann im Rahmen der Gruppe entspannen (manche Menschen fühlen sich dort wohler). Das kann dazu führen, dass jemand immer in der Gruppe einnickt. Von Kleinkindern kennen wir das vielleicht eher. Weder ein Kleinkind noch ein Senior sollte wieder geweckt werden.

Erleichtern: Durch gute Beobachtung und Sensibilität gegenüber den Betreuten erkennen wir die Intention, die hinter einer bruchstückhaften Äußerung, einer verhaltenen Geste oder einer ansatzweisen  Handlung liegt und unterstützen den dementen Menschen genau in dem Maße, das er braucht. Wir gehen dabei nicht auf das Unvermögen des alten Menschen ein, sondern auf seine noch vorhandenen Kompetenzen. Wir übernehmen keine Handlungen, die der alte Mensch noch selbst ausführen könnte.

Schöpferisch sein (kreativ sein): Gerade beim Singen und Musizieren werden oft Kompetenzen der Gruppenteilnehmer geweckt, z.B. wenn sie selbst die Initiative ergreifen und ein Lied anstimmen oder ein Lied noch einmal  wiederholen möchten. Aber auch andere kreative Ideen der Teilnehmer, wie z.B. Servietten kunstvoll falten, möchten wir nicht unterbrechen. Hier heißt es vor allem: Gewähren lassen! (solange es nicht andere Teilnehmer zu sehr stört).  

Geben: Die dementen Menschen geben uns immer wieder etwas, wenn wir es nur wahrnehmen. Das kann ein Lob sein, ein Lächeln, eine kleine Hilfeleistung, ein beispielhafter Umgang mit  Einschränkungen, Geduld, eine Biografie aus der wir lernen können, emotionale Feinfühligkeit, usw. An uns Betreuern liegt es, ob wir aufmerksam dafür sind und dieses Geben anerkennen, indem wir uns dafür bedanken.

Diese Form der positiven Begegnung sollten wir nicht als Programm abspulen,

sondern als Haltung einüben!

Diese Liste ist eine verkürzte Zusammenfassung. Ausführlich finden Sie das Thema im Buch von Tom Kitwood: „Demenz – der personenzentrierte Ansatz im Umgang mit verwirrten Menschen“
(siehe Demenzinfos / Buchempfehlungen)

Als pdf-Datei können Sie die Kitwood-Hinweise für die Anwendung in Gruppen hier herunterladen:



Gruppenangebote vorbereiten

Was ist zu beachten, wenn Sie ein Gruppenangebot (z.B. eine Erzählcafé-Runde) vorbereiten? Ein Arbeitsblatt mit den wesentlichen Grundsätzen zur Gruppenbetreuung finden Sie hier zum Download:

Infoblatt Gruppenangebote vorbereiten
kostenloser Download
Wichtige Grundsätze für Gruppenbetreuung Infoblatt_1.pdf (77.67KB)
Infoblatt Gruppenangebote vorbereiten
kostenloser Download
Wichtige Grundsätze für Gruppenbetreuung Infoblatt_1.pdf (77.67KB)




Einzelangebote vorbereiten

Wer professionell Einzelbetreuung durchführen will, sollte auch professionell vorbereitet ans Werk gehen. Was ist zu beachten, wenn Sie ein Einzelangebot vorbereiten? Eine praktische Checkliste finden Sie hier zum Download:

Einzelbetreuung vorbereiten
Checkliste kostenlos Download
Einzelbetreuung planen vorbereiten durchführen.pdf (84.69KB)
Einzelbetreuung vorbereiten
Checkliste kostenlos Download
Einzelbetreuung planen vorbereiten durchführen.pdf (84.69KB)


MAKS Therapie - was können wir daraus lernen?

Seit ein paar Jahren hat die sogenannte MAKS-Therapie für demente Menschen von sich reden gemacht. Als bisher einzige nicht-medikamentöse Therapie bei Demenz wurde die Wirkung von MAKS wissenschaftlich evaluiert. Und das Ergebnis lässt aufhorchen. Wermutstropfen dabei ist einzig die Tatsache, dass MAKS in seiner Anlaufphase sehr stark subventioniert wurde. Der höhere Personalaufwand der Pflegeheime konnte nur so finanziert werden. Diese Subventionierung gibt es allerdings nun nicht mehr, so dass das ursprüngliche MAKS-Konzept aktuell nur noch in Teilen durchgeführt wird. Trotzdem können Betreuungsmitarbeiter einiges von MAKS lernen. Hier eine Übersicht als kostenloser Download:

MAKS Therapie Bewertung
Was können wir daraus lernen?
MAKS Aktivierung Artikel Stand Mai 2020.pdf (75.08KB)
MAKS Therapie Bewertung
Was können wir daraus lernen?
MAKS Aktivierung Artikel Stand Mai 2020.pdf (75.08KB)


Aktuell: Prof. Dr. med. Elmar Gräßel, Universitätsklinikum Erlangen, stellte in einem Webinar die von ihm entwickelte MAKS®-Therapie persönlich vor. Dauer des Vortrags ca. 50 Minuten. Sie können den Vortrag derzeit noch anhören unter: https://digidem-bayern.de/webinar-die-maks-therapie/ oder direkt über diesen Button:

Vortrag MAKS Therapie externer Link


Sitztanz für Senioren - das kriegen Sie hin!

Sie haben noch nie einen Sitztanz durchgeführt? Sie denken, Sie seien tänzerisch unbegabt? Sie würden ja gerne mal einen Sitztanz mit ihrer Seniorengruppe ausprobieren, sind sich aber noch unsicher? An Material benötigen Sie nur eine CD und ein dazugehöriges Anleitungsheft. Beides finden Sie beim Bundesverband Seniorentanz. Externer Link: https://www.erlebnis-tanz.de:4444/en/Produkte/musik-cd-1.html

Was Sie grundsätzlich beachten sollten beim Vorbereiten und Durchführen eines Sitztanzes finden Sie übersichtlich in folgendem Arbeitsblatt zusammengefasst:

Sitztanz Arbeitsblatt
Download kostenlos
Sitztanz Arbeitsblatt Download 2020 neu.pdf (67.08KB)
Sitztanz Arbeitsblatt
Download kostenlos
Sitztanz Arbeitsblatt Download 2020 neu.pdf (67.08KB)



Ein Text zum Nachdenken

Ein andermal

Bewahre mich vor der Beschäftigungstherapeutin, o Herr !

Sie meint es gut, aber ich habe keine Zeit, um Körbe zu flechten.

Einen Tag möchte ich noch einmal erleben, den Julitag,

an dem Hans und ich Beeren sammeln gegangen sind.

Ich war 18. Mein Haar war lang und dicht.

Und ich flocht es zu einem Zopf, den ich mir um den Kopf wand,

damit es sich nicht im Dornengestrüpp verfing.

Aber als wir uns zur Rast in den Schatten setzten,

lies ich es herunter, und es fiel mir auf die Schultern.

Und da machte Franz mir einen Antrag.

Vielleicht war es ein bisschen ungehörig von mir,

ihn so mit meinem Haar verliebt zu machen -

aber wir haben eine gute Ehe geführt....

Aha, da kommt sie, die Therapeutin, mit Schere und Klebstoff.

Ob ich es mit Bastelarbeiten versuchen möchte.

"Nein", sage ich, "ich habe keine Zeit."

"Unsinn", sagt sie, "Sie werden noch sehr, sehr lange leben."

Das meine ich nicht.

Ich meine, dass ich mein Leben lang viel getan habe,

für andere, mit anderen. Ich muss einiges nachholen

in meinem Denken und Fühlen.

Zum Beispiel, was den Tod von Hans betrifft.

Kurz vor dem Ende fragte ich ihn, ob ich etwas für ihn tun könne...

"Ja", sagte er, "löse dein Haar."

Ich sagte: "Ach Hans, das ist jetzt dünn und grau."

"Bitte", sagte er, "löse es trotzdem."

Ich tat es, und er streckte seine Hand aus -

die durchsichtige Haut - man sah die blauen Adern -

und streichelte mein Haar.

Wenn ich die Augen schließe, kann ich es fühlen. Hans.

"Machen sie bitte ihre Augen auf" ,sagt die Therapeutin.

"Sie wollen doch nicht den ganzen Tag verschlafen."

Sie will wissen, was ich früher gemacht habe, stricken, häkeln?

Ja, ich habe das alles gemacht.

Und gekocht und geputzt.

Und fünf Kinder großgezogen.

Und alles mögliche erlebt -

Schönes und Schreckliches.

Ich muss über diese Dinge nachdenken,

muss sie in den Fächern meines Geistes ordnen.

Die Therapeutin zeigt mir glitzernde Perlen.

Sie fragt mich, ob ich vielleicht Schmuck machen möchte.

Und weil sie ein gutes Kind ist und es gut meint,

sage ich ja, vielleicht,

ein andermal.


aus: http://www.pflegeboard.de/altenpflege/27149-andermal.html (bearbeitet von Volker Gehlert)

Setzen Sie gedanklich statt „Therapeutin“ das Wort „Betreuungsassistentin“ ein!

Der Text im pdf-Format zum Download und ausdrucken:

Ein Andermal
Ein Text zum Nachdenken Download kostenlos
Ein andermal Text Aktivierung.pdf (49.27KB)
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Motive und Antriebe von Senioren kennen

... bitte noch etwas Geduld - Artikel mit Arbeitsblatt erscheint demnächst!